Anreicherung von Nährstoffen in Grundnahrungspflanzen

Hunger bedeutet nicht nur mangelnde Kalorienzufuhr. In vielen Entwicklungsländern leiden die Menschen unter schweren gesundheitlichen Schäden, die durch eine unzureichende Versorgung mit Vitaminen und Spurenelementen verursacht werden. Die Verteilung von angereicherter Nahrung und Nahrungsergänzungspräparaten ist oftmals schwierig und aufwändig. Deshalb versuchen Wissenschaftler schon seit längerem, Grundnahrungspflanzen zu züchten, die mehr Nährstoffe enthalten.

Folgen der chronischen Unterversorgung mit Mikronährstoffen

Vitamin A-Mangel weltweit

Vitamin A-Mangel führt im fortgeschrittenen Stadium zur Erblindung und erhöht insgesamt die Infektionsanfälligkeit und Sterblichkeit.

Eisenmangel weltweit

Bei Eisenmangel transportiert das Blut weniger Sauerstoff. Das verursacht nicht nur eine geringere körperliche Leistungsfähigkeit, sondern vor allem Störungen der geistigen und körperlichen Entwicklung bei Kindern und eine erhöhte Sterblichkeit bei Schwangeren.

Zinkmangel weltweit

Zinkmangel führt zu Wachstumsverzögerungen und zu einer erhöhten Infektanfälligkeit und Sterblichkeit bei Kindern.

Grafiken: pigurdesign / biosicherheit.de

In vielen Entwicklungsländern ernähren sich die Menschen zum großen Teil von stärkehaltigen Pflanzen oder Pflanzenteilen wie Hirse, Reis, Bananen oder der Cassava-Wurzel. Diese sind zwar kalorienreich, enthalten aber wenig Proteine und wenig Mikronährstoffe wie Vitamine und Spurenelemente. Viele Menschen können es sich nicht leisten, so viel Gemüse und Obst zu konsumieren, dass sie ausreichend mit den notwendigen Mikronährstoffen versorgt sind. Die mangelnde Versorgung mit Mikronährstoffen verursacht jedes Jahr Millionen von Krankheits- und Todesfällen und wird auch als „stiller Hunger“ bezeichnet.

In den letzten Jahrzehnten wurden in vielen Entwicklungsländern Nahrungsergänzungspräparate und mit Mikronährstoffen angereicherte Nahrungsmittel verteilt und damit auch einige beachtliche Erfolge erzielt. Dennoch ist es oftmals schwierig, die Produkte in entlegene ländliche Gegenden zu transportieren und die Betroffenen davon zu überzeugen, sie tatsächlich und regelmäßig zu sich zu nehmen. Zudem müssen die Produkte fortlaufend hergestellt und verteilt werden, was erhebliche Kosten verursacht.

Seit den 1990er Jahren versucht man, Grundnahrungspflanzen, die ohnehin angebaut und konsumiert werden, züchterisch so zu verändern, dass sie wichtige Mikronährstoffe produzieren. Das bekannteste Projekt ist der Goldene Reis, der gentechnisch so verändert wurde, dass die Körner Provitamin A enthalten. Inzwischen wurden die Arbeiten zur Anreicherung von Grundnahrungspflanzen in zwei internationalen Forschungsprogrammen gebündelt, an denen Wissenschaftler aus der ganzen Welt beteiligt sind: HarvestPlus und die Grand Challenges in Global Health Initiative. Der Hauptsponsor beider Programme ist die Gates Foundation.

Im Rahmen von Harvest Plus wird mit konventioneller Züchtung und Smart Breeding Provitamin A in Mais, Süßkartoffeln und Maniok angereichert, Eisen in Bohnen und Perlhirse sowie Zink in Reis und Weizen. In einigen afrikanischen Ländern sind Süßkartoffeln und Cassava auf dem Markt, die mit Provitamin A angereichert sind, sowie Bohnen, die mit Eisen angereichert sind. In Indien ist seit 2012 Perlhirse auf dem Markt, die mit Eisen angereichert ist.

Im Rahmen der Grand Challenges-Initiative werden mit Hilfe gentechnischer Methoden verschiedene Mikronährstoffe in Reis, Cassava, Sorghum und Bananen angereichert. Das Ziel ist, dass Menschen mit dem Verzehr einer einzigen Grundnahrungspflanze ihren Bedarf an den wichtigsten Mikronährstoffen praktisch vollständig decken können. Die Kombination mehrerer neuer Merkmale, in diesem Fall die Anreicherung mehrerer Mikronährstoffe in einer einzigen Pflanze, ist mit gentechnischen Methoden deutlich einfacher zu bewerkstelligen als mit konventioneller Züchtung. Von den im Rahmen der Grand Challenges-Initiative entwickelten Pflanzen ist noch keine marktreif.

Die Anreicherung von Mikronährstoffen in Grundnahrungspflanzen wie auch die Verteilung von Nahrungsergänzungspräparaten und industriell angereicherter Nahrung wurden und werden immer wieder kritisiert: Es sei sinnvoller, dafür zu sorgen, dass den Menschen ausreichend Obst und Gemüse zur Verfügung stehen. Organisationen wie die WHO und die FAO setzen jedoch auf diese Maßnahmen, denn das Problem, dass viele Menschen zu arm sind, um sich eine ausgewogene Ernährung zu leisten, ist kurz- und mittelfristig kaum lösbar.

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