Kartoffel

Gentechnik-Recht in der EU –
Zulassung, Sicherheit, Kennzeichnung

In allen Ländern der Europäischen Union unterliegen gentechnisch veränderte Organismen grundsätzlich einem „Risikovorbehalt“: Ohne ausdrückliche Genehmigung dürfen sie außerhalb abgeschlossener Labore weder in die Umwelt freigesetzt noch kommerziell genutzt werden. Das gilt für gentechnisch veränderte Pflanzen, Tiere oder Mikroorganismen genauso wie für daraus hergestellte Lebens- und Futtermittel. Vergleichbare gesetzliche Auflagen gibt es für kein anderes Züchtungsverfahren.

Gentechnik- Kennzeichnung Sojaoel

Kennzeichnungspflichtig sind Lebensmittel, Zutaten oder Zusatzstoffe, wenn sie aus einem gentechnisch veränderten Organismus hergestellt wurden. Ausgenommen sind Vitamine, Zusatz- und Hilfsstoffe, wenn sie mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen in „geschlossenen Systemen“ hergestellt wurden.

Eier

Keine Kennzeichnung bei Eiern, Fleisch oder Milch, wenn die Tiere gv-Futtermittel erhalten haben. In den Lebensmitteln sind gv-Futtermitteln auch mit modernen, hochsensitiven Verfahren nicht nachweisbar.
Großes Foto oben: iStockphoto

Produkte, die ein gentechnisch veränderter Organismus (GVO) sind, solche enthalten oder daraus hergestellt wurden, dürfen in der EU erst genutzt werden, wenn sie dafür zugelassen worden sind. Das Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen eine Zulassung erteilt werden kann, sind in verschiedenen EU-weit geltenden Gesetzen und Richtlinien festgelegt. Im Kern ist ein Gentechnik-Produkt nur dann zulassungsfähig,

  • wenn der Antragsteller genügend fundierte wissenschaftliche Daten vorlegen kann, um die Sicherheit des betreffendes Produkts bewerten zu können,
  • wenn eine gentechnisch veränderte Nutzpflanze oder die daraus hergestellten Lebens- und Futtermittel nach dem aktuellen Stand des Wissens als genau so sicher einzustufen sind wie ein vergleichbares konventionelles Produkt,
  • wenn der Antragsteller ein Verfahren zur Verfügung stellt, mit dem der jeweilige „gentechnisch veränderte Organismus“ (GVO) jederzeit nachgewiesen und identifiziert werden kann.

Grundsätzlich muss der Antragsteller den Nachweis erbringen, dass sein GVO-Produkt sicher ist. Dazu führt er verschiedene Versuche – etwa Untersuchungen über mögliche Umweltauswirkungen oder Fütterungsstudien – durch und legt deren Ergebnisse zusammen mit anderen wissenschaftlichen Daten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vor. Diese bereitet in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden die Entscheidung über den Antrag vor. Basis dafür ist eine wissenschaftliche Sicherheitsbewertung durch ein Expertengremium, in dem unabhängige Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen aus mehreren EU-Ländern mitwirken.

Auf Basis des wissenschaftlichen Gutachtens legt die EU-Kommission einen Entscheidungsvorschlag vor, den die Mitgliedstaaten annehmen oder ablehnen können. Dafür ist nach den Europäischen Verträgen eine qualifizierte Mehrheit erforderlich. Doch in Sachen Gentechnik sind die Mitgliedstaaten tief zerstritten. Gegner und Befürworter blockieren sich gegenseitig, so dass bisher in keinem Verfahren eine qualifizierte Mehrheit zustande gekommen ist - weder für noch gegen eine Zulassung. In solchen Fällen ist die EU-Kommission verpflichtet, die Entscheidung auf Grundlage der bestehenden Gesetze zu treffen: Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind und insbesondere keine Sicherheitsbedenken bestehen, muss die EU-Kommission die beantragte Zulassung erteilen.

Auf diesem Weg sind in der EU bisher etwa 60-70 gentechnisch veränderte Pflanzen (Events) zugelassen worden, überwiegend Mais, Sojabohnen, Raps und Baumwolle in verschiedenen Varianten und Merkmalen - allerdings nur für den Import und als Lebens- und Futtermittel. Angebaut werden sie vorwiegend in Süd- und Nordamerika.

Für den Anbau ist in der EU derzeit nur eine gv-Pflanze zugelassen (Mais MON810). Eine nennenswerte landwirtschaftliche Nutzung beschränkt sich auf Spanien.

Ausstiegsklausel beim Anbau von gv-Pflanzen. Seit 2015 können einzelne EU Mitgliedstaaten - aber auch Regionen - den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf ihrem Territorium ganz oder teilweise verbieten - auch wenn die betreffenden gv-Pflanzen in der EU zugelassen und damit als sicher eingestuft wurden. Länder mit Verbotsabsichten übermitteln diese über die Kommission an das Unternehmen, das den Zulassungsantrag gestellt hat. Dieses kann dann von vornherein das betreffende Land aus dem Geltungsbereich einer späteren Zulassung herausnehmen. Nur wenn sich das Unternehmen querstellt, kann ein förmliches Verbotsverfahren eingeleitet werden. Dabei dürfen sich die Länder jedoch nicht auf Zweifel an der wissenschaftlichen Sicherheitsbewertung berufen, sondern müssen dafür sozioökonomische, wirtschaftliche oder andere „weiche“ Gründe anführen.

Derzeit stehen in der EU Entscheidungen über sechs Anbauzulassungen verschiedener gv-Maislinien an. In allen Fällen haben die Länder, die nationale Verbote wollen, sich mit den antragstellenden Unternehmen darauf verständigt, das eigene Territorium in einer späteren Zulassung auszunehmen. Derzeit haben 17 Länder und vier Regionen die Ausstiegsklausel genutzt, darunter auch Deutschland. Hier bleibt der Anbau der gv-Pflanzen auch nach einer möglichen EU-Zulassung auf Dauer verboten.

Nach der Zulassung. Auch wenn Gentechnik-Produkte tatsächlich auf den Markt kommen, unterliegen sie besonderen Regeln. Die für Konsumenten wichtigste ist die Kennzeichnungspflicht. Jede direkte und bewusste Anwendung von gentechnisch veränderten Organismen im Verlauf der Herstellung oder Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln muss gekennzeichnet werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der GVO-Einsatz im Endprodukt nachweisbar ist.

Allerdings lassen die EU-Rechtsvorschriften zahlreiche Ausnahmen zu. Nicht kennzeichnungspflichtig sind etwa:

  • tierische Lebensmittel wie Milch, Fleisch, Eier, wenn die Tiere Futtermittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen erhalten haben;
  • Zusatzstoffe, Aromen und Vitamine, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt werden;
  • zufällige, technisch unvermeidbare GVO-Beimischungen bis zu 0,9 Prozent, wenn der jeweilige GVO in der EU zugelassen und als sicher bewertet wurde;
  • GVO-Anwendungen bei Stoffen, die nicht auf der Zutatenliste von Lebensmitteln deklariert werden müssen, insbesondere Enzyme und andere technische Hilfsstoffe.

Dieses in der EU geltende Kennzeichnungskonzept liefert Informationen über die Anwendung der Gentechnik, unabhängig von der stofflichen Zusammensetzung des betroffenen Lebensmittels. Die Gentechnik-Kennzeichnung ist kein Warnhinweis, sondern informiert den Endverbraucher über die Anwendung der Gentechnologie und ist ein notwendiges Mittel, damit der Einzelne so einkaufen kann, wie es seiner Grundeinstellung zur Grünen Gentechnik entspricht.

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