Großgärtnerei

Landwirtschaft und Agrarhandel – Welche Bedeutung hat die Landwirtschaft in Deutschland und weltweit?

Deutschland ist schon längst kein Agrarstaat mehr. Die Landwirtschaft trägt kaum noch messbar zum gesamten Wirtschaftsaufkommen bei. Gleichzeitig ist sie heute so produktiv, dass viele der in Deutschland produzierten Agrarprodukte und Lebensmittel exportiert werden können. Die Landwirtschaft in Deutschland ist daher zunehmend vom Exportgeschäft abhängig geworden. Dies hat auch für die sogenannten Entwicklungsländer Folgen, die gegenwärtig kritisch diskutiert werden. Sie betreffen sowohl deren Wettbewerbsfähigkeit als auch die inländische Produktion und Versorgung mit Lebensmitteln.

Anbauflächen in Deutschland 2012

Anbauflächen landwirt- schaftlicher Kultur- pflanzen in Deutschland 2012
Als Ackerland genutzte Fläche insgesamt 2012: 11,8 Mio ha

Grafik: i-bio

Titelfoto: Ingo Anstötz/pixelio.de

Die Landwirtschaft spielt in Deutschland mit gut einem Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung (2010) nur noch eine untergeordnete Rolle. Auch auf dem Arbeitsmarkt ist ihre Bedeutung verschwindend gering: Während vor hundert Jahren fast vierzig Prozent aller Erwerbstätigen in der Landwirtschaft arbeiteten, sind dies heute nur noch rund zwei Prozent. Wie kommt es, dass die Landwirtschaft politisch und auch in der Wahrnehmung der Menschen dennoch von so großer Bedeutung ist. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sie bis heute das Landschaftsbild in Deutschland entscheidend prägt. So wird fast die Hälfte der Gesamtfläche des Landes landwirtschaftlich genutzt (48 Prozent). Dies entspricht rund 16,7 Millionen Hektar, wovon 11,8 Millionen Hektar auf Acker- und etwa fünf Millionen Hektar auf Grünland entfallen. Zu den wichtigsten Nutzpflanzen zählen Getreide (6,5 Mio. Hektar), Mais (2,5 Mio. Hektar) und Raps (1,3 Mio. Hektar).

Agrarstrukturen in Deutschland

Die Struktur der Landwirtschaft hat sich in den letzten sechzig Jahren in Deutschland stark verändert. Dies ist vor allem eine Folge der wirtschaftlichen Anpassungsprozesse seit der Nachkriegszeit. Viele kleinbäuerliche Betriebe sind nach und nach verschwunden, die Höfe konnten durch neue Technologien immer produktiver wirtschaften, ganze Landstriche änderten durch Umstrukturierungsmaßnahmen ihr Erscheinungsbild (Flurbereinigung). Auch die Wiedervereinigung hat zu diesem Strukturwandel beigetragen: So befinden sich in den östlichen Bundesländern heute die größten Betriebe, während die Betriebe im Westen kleiner sind. Die durchschnittliche Betriebsgröße im Norden ist dabei grundsätzlich größer als im Süden. Die bayerische Landwirtschaft weist im nationalen Vergleich eine eher klein- bis mittelbäuerliche Struktur auf.

Der Großteil der landwirtschaftlichen Fläche wird in Deutschland konventionell bewirtschaftet. Der Biolandbau hat – im Unterschied zur Schweiz und zu Österreich – hierzulande nur eine geringe Bedeutung. Rund 5,9 Prozent der gesamten Agrarfläche wurde 2010 nach ökologischen Kriterien bewirtschaftet. Etwa 7,3 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland sind auf Ökolandbau spezialisiert, vor allem im Nordosten, in Teilen der Mittelgebirgsregionen sowie im Süden und Südwesten der Republik. Auch wenn der Flächenanteil noch gering ist, so ist der Biolandbau auf dem Vormarsch und ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Auch in Bayern nimmt die Bedeutung des Biolandbaus zu: Fast ein Drittel aller nach Ökokriterien wirtschaftenden Betriebe Deutschlands befinden sich in Bayern.

Weltweiter Agrarhandel

Deutschland ist auf dem Weltmarkt für Agrarprodukte ein wichtiger Handelspartner. Im Wert der eingeführten Agrarprodukte lag Deutschland im Jahre 2010 nach den USA und noch vor Japan an zweiter Stelle. Auch in der Ausfuhr ist Deutschland führend: Nach den USA und den Niederlanden und noch vor Frankreich steht Deutschland an dritter Stelle im Wert der ausgeführten Produkte. Den größten Anteil an den Exporten machten 2010 Lebensmittel pflanzlicher Herkunft mit etwa 46 Prozent gefolgt von Lebensmitteln tierischer Herkunft mit rund 34 Prozent aus. Genussmittel wie Bier und Wein kamen auf gut 17 Prozent. Neben anderen EU-Staaten sind Russland, die Schweiz und die USA bedeutende Abnehmer für deutsche Agrarprodukte. Gerade in den letzten Jahren hat die Ausfuhr insbesondere in Staaten außerhalb der Europäischen Union rasant zugenommen – die Exportabhängigkeit der Landwirtschaft stieg folglich. Trotz der Bedeutung der Ausfuhren ist der Saldo aber nach wir vor negativ: Deutschland muss mehr Agrarprodukte einführen als es ausführen kann.

Fairer Wettbewerb? Die Rolle von Zöllen und Subventionen

Der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten ist ein wichtiges Geschäftsfeld geworden, nicht nur für Produzenten, Verteiler und Konsumenten, sondern zunehmend auch für Spekulanten im Finanzsektor. Auch wenn von der weltweiten landwirtschaftlichen Produktion nur ein kleiner Teil international gehandelt wird – bei Getreide waren es 2010/2011 nur etwa 13 Prozent –, so kann der Welthandel mit Agrarprodukten sich auch auf die Preisentwicklung auf den heimischen Märkten auswirken. Es ist zu vermuten, dass die Bedeutung des Welthandels mit Agrarprodukten künftig noch an Bedeutung zunehmen wird. Damit werden zunehmend auch nationale Zölle und Abgaben in den Blickpunkt der Handelspartner rücken. Bereits durch das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen GATT (General Agreement on Tariffs and Trade), das 1948 in Kraft trat, sollten weltweit Zölle, Abgaben und andere Hemmnisse im internationalen Handel abgebaut werden. Auf Grundlage dieses Abkommens wurde später die Welthandelsorganisation WTO (World Trade Organization) gegründet.

Die zunehmende Verflechtung auf dem Weltmarkt, insbesondere im Handel zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern, ist in den letzten Jahren stark in die Kritik geraten. So wird den Industriestaaten häufig vorgeworfen, dass sie bei Importen aus Entwicklungs- und Schwellenländern protektionistisch handeln, d. h. Einfuhren durch erhöhte Importzölle verhindern. Gleichzeitig würden sie die Exporte subventionieren und dadurch die lokalen ausländischen Märkte mit billigen Produkten zerstören, da sich dadurch Gewinneinbußen ergeben. Zu negativen Folgen für Entwicklungsländer führe auch die Grüne Gentechnik, da es über patentiertes Saatgut zu einer zunehmenden Abhängigkeit der Entwicklungsländer von den Industriesaaten bzw. wenigen Saatgutkonzernen käme. So fördere die Gentechnik weltweit Konzentration und Monopolisierung auf dem Saatgutmarkt.

Von zuständigen Stellen in den Industriestaaten wird argumentiert, dass dies nicht stimme: So hätte eine Studie des französischen Forschungsinstituts INRA (Institut National pour la Recherche Agricole) im Auftrag der Europäischen Kommission vor zehn Jahren gezeigt, dass die Europäische Union weltweit sehr offen für Agrarerzeugnisse aus Drittländern und insbesondere aus Entwicklungsländern sei. Gleichzeitig fordert jedoch der Weltagrarbericht aus dem Jahre 2008 des Weltagrarrats IAASTD (International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development) eine Umkehr der bisherigen Handelspolitik: Statt einer weiteren internationalen Verflechtung solle gerade in den Entwicklungsländern die Versorgung der eigenen Bevölkerung und die Entwicklung der heimischen Märkte und ländlicher Gebiete auf Basis einer bäuerlichen Landwirtschaft im Vordergrund stehen.

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