Vorsorge und Innovation als ethische Prinzipien in der Bioökonomie

Welches innovative Potenzial haben die neuen Techniken des Genome Editing in der Pflanzenforschung? Welchen Beitrag leisten sie für eine nachhaltige Landwirtschaft? Und was muss geschehen, dass die Prinzipien von Vorsorge und Innovation bei der Einführung der Neuen Pflanzenzüchtungstechniken in ein vernünftiges Verhältnis gebracht werden können und der scheinbar unversöhnliche Gegensatz von ökonomischen und ethischen Kategorien zugunsten eines reflektierten Umgangs mit beiden überwunden werden kann?

Diesen Fragen widmet sich ein neues Forschungsprojekt, das im Rahmen der BMBF-Ausschreibung „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“ in Kooperation der Münchner Lehrstühle Christliche Sozialethik sowie Systematische Theologie und Ethik und des Instituts „Technik-Theologie-Naturwissenschaften“ (TTN) der Ludwigs-Maximilians-Universität im Zeitraum April 2020 bis März 2023 gefördert wird.

Das Forschungsprojekt macht es sich zur Aufgabe, Innovation und Vorsorge nicht als Gegensätze, sondern als zwei komplementär aufeinander bezogene Konzepte zu diskutieren. Soll Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel eine Resonanz in der Gesellschaft bekommen, dann ist es notwendig, entsprechende Narrationen zu profilieren und zu tradieren. Im gesellschaftlichen Kontext der Bundesrepublik nimmt das Christentum nach wie vor für derartige Narrationen – und die Vermittlung korrespondierender Wertvorstellungen – eine hervorgehobene Stellung ein. Gesellschaftlicher Wandel als Wandel zum Besseren, und zwar zu einer universalen Besserung des Lebens, ist seit jeher ein unverzichtbares, zentrales Ziel des Christentums, auch wenn mitunter der Rückbezug auf den Gedanken der Welt als Schöpfung eine Statik transportiert, die dem Ziel des Christentums eigentlich entgegengesetzt ist.

Dies vor Augen, zielt das Projekt auf Profilierung und Operationalisierung eines gesellschaftlich anschlussfähigen Innovationsbegriffs, der in der Lage ist, mit den Grenzen naturwissenschaftlicher Risikoforschung, aber auch mit gesellschaftlichen Unsicherheiten in einer produktiven, technologie-offenen Form umzugehen. Ziel des Forschungsprojekts ist die Erarbeitung eines ethischen Stufenmodells zur Bewertung von Genome Editing in der Landwirtschaft durch einen interdisziplinären Expertenkreis. Parallel zur Erstellung des anwendungsbezogenen Stufenmodells werden zwei Studien erarbeitet, die sich in theologisch-ethischer Perspektive mit Genese und Gehalt des Verhältnisses von Innovation und Vorsorge befassen. Diese beiden Studien dienen dem Expertenkreis zur Identifikation und Profilierung der ethischen Grundelemente bei der Bewertung des Einsatzes von Genome Editing in der Landwirtschaft. Vor seiner Veröffentlichung wird das Stufenmodell in einem Stakeholder-Workshop diskutiert sowie in einer Tagung der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Website „Pflanzen-Forschung-Ethik“ informiert künftig unter dem neuen Themenschwerpunkt „Bioökonomie“ über zentrale Ergebnisse und Veranstaltungen aus dem Forschungsprojekt. Anregungen und Ideen von Leserinnen und Lesern dieser Website bei der Bearbeitung des Themas sind willkommen. Schreiben Sie einfach an stephan.schleissing@elkb.de.

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