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Energiepflanzen –
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung?

Zu den wichtigsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gehören der Klimaschutz sowie eine nachhaltige Energieversorgung. Vor dem Hintergrund der angestrebten Energiewende wird darüber gestritten, inwieweit die Nutzung von Biomasse zu einer nachhaltigen Energieversorgung beitragen kann. Sind sogenannte Energiepflanzen hierbei eine wegweisende Option? Oder führt der Anbau von Energiepflanzen zu einer Verschärfung der Hungersituation und damit weltweit zu mehr Ungerechtigkeit? Über diese Fragen ist eine heftige Kontroverse entbrannt.

Biokraftstoff

Biokraftstoffe:

Verfahren der ersten Generation: Bei diesen Verfahren werden jene Pflanzen oder deren Teile verwendet, die man auch für die Ernährung nutzen kann. So kann zum Beispiel für die Produktion von Biosprit die Stärke aus Mais und Roggenkörnern genutzt werden, für die Gewinnung von Ethanol Zuckerrohr und Zuckerrüben. Hingegen wird Biodiesel aus den fetthaltigen Samen etwa von Raps gewonnen. Die übrig bleibenden Reststoffe werden in der Regel als Futtermittel verwertet.

Verfahren der zweiten Generation: Bei diesen Verfahren wird die ganze Pflanze genutzt, auch die bisher kaum verwertbaren Stoffe wie Lignocelluse. Dazu werden etwa Biogasanlagen gezählt, aber auch eine Reihe von Verfahren zur direkten Vergasung von Biomasse, die sich noch in der Entwicklung befinden. Bei anderen Ansätzen nutzt man nur jene Teile der Pflanzen für die Erzeugung von Treibstoff, die für den Menschen nicht essbar sind. So kann beispielsweise das Stroh von Getreidesorten zur Gewinnung von Energie weiterverwendet werden.

Foto: FNR

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Die energetische Nutzung von Reststoffen wie Stroh soll helfen, den Teller-Tank-Konflikt bei Energiepflanzen zu entschärfen.

Foto und Titelfoto: TFZ (Ulrich Eidenschink)

Seit der Entdeckung des Feuers nutzt der Mensch Biomasse zur Energie- und Wärmegewinnung. In den letzten Jahrzehnten wurden neue Techniken entwickelt, um Energie aus Biomasse zu gewinnen. Speziell für diesen Zweck werden Energiepflanzen gezüchtet und angebaut, aus deren festen, flüssigen oder gasförmigen Produkten Wärme, elektrische Energie oder auch Kraftstoffe gewonnen werden können. Der Vorteil dieser Art der Energiegewinnung liegt auf der Hand: Pflanzen sind ein nachwachsender Rohstoff und – anders als fossile Energieträger wie Kohle oder Erdöl – theoretisch unbegrenzt verfügbar. Im Unterschied zu regenerativen Energieträgern wie Wind- und Solarenergie kann ihre Energie je nach Bedarf genutzt werden; man braucht sie nicht aufwändig zu speichern. Befürworter bescheinigen Energiepflanzen darüber hinaus eine gute Umwelt- und Klimabilanz: Sie seien im Rahmen der angestrebten Energiewende eine wichtige Säule und insofern ein sinnvoller Beitrag zu einer nachhaltigen Energieversorgung. Diese Position bleibt dabei – wie weiter unten dargelegt – nicht unwidersprochen.

Einsatzmöglichkeiten von Energiepflanzen

Energiepflanzen werden sehr unterschiedlich genutzt. Aus ihnen kann Strom und Wärme gewonnen werden, aber auch Biokraftstoffe für Fahrzeuge. Bei der Stromerzeugung wird künftig im Rahmen der angestrebten Energiewende eine stärkere Nutzung von Energiepflanzen erwartet. Dies gilt auch für die Wärmegewinnung, wobei hier vor allem biogenen Festbrennstoffen wie Scheitholz, Holzhackschnitzeln und Pellets eine große Bedeutung zukommen wird. Ebenso wird mit einer erheblichen Ausweitung der Produktion von Biokraftstoffen gerechnet – dies gerade vor dem Hintergrund der Klimaschädlichkeit von Erdöl.

Zur Gewinnung des biogenen Brennstoffs können unterschiedliche Teile einer Pflanze genutzt werden. Entweder wird die gesamte Pflanze genutzt, einzelne Teile wie der Spross (Stroh), Holz und Samen, oder auch nur bestimmte chemische Verbindungen wie Stärke, die dann chemisch weiterverarbeitet werden. Insbesondere mit Blick auf Biokraftstoffe hat sich diesbezüglich die Unterscheidung zwischen erster und zweiter Generation eingebürgert (siehe linke Box über Biokraftstoffe).

Kritik an Energiepflanzen

Mit zunehmender Nutzung von Energie aus Biomasse treten vermehrt Zweifel und zum Teil harsche Kritik auf. Im Mittelpunkt der Kontroverse stehen die Fragen, inwieweit „Bioenergie“ tatsächlich eine positive Klima- und Umweltbilanz aufweist und inwieweit der Anbau von Energiepflanzen mit dem Anbau von Nahrungsmitteln konkurriert. Kritiker warnen vor einer Verschärfung der globalen Ernährungssituation durch einen Bioenergieboom (Stichworte: Flächenkonkurrenz bzw. „Teller-Tank-Konflikt“).

In der Kritik steht auch die mögliche Förderung von Monokulturen durch Energiepflanzen. Vielen Menschen ist darüber hinaus unwohl bei dem Gedanken, dass Pflanzen für die Energiegewinnung genutzt werden. Dieses Gefühl der Empörung wurzelt nicht zuletzt in der kulturgeschichtlichen Bedeutung von Getreidesorten wie Weizen für die Ernährung. Die Debatte stellt auch die Frage, inwieweit sich Kulturlandschaften durch den vermehrten Anbau von Energiepflanzen verändern. Droht eine „Vermaisung der Landschaft“?

Studien über Potenziale von Bioenergie

In einer kritischen Stellungnahme hat die Nationalakademie Leopoldina das Für und Wider der Nutzung von Energiepflanzen für den deutschen Markt abgewogen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Bioenergie in ihrer jetzigen Form keine wirkliche Option für Deutschland sei und keinen quantitativ wichtigen Beitrag zur Energiewende in Deutschland leisten sollte. Im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien wie Photovoltaik, Solarthermie und Windenergie verbrauche die Nutzung von Bioenergie mehr Fläche und sei mit höheren Treibhausgasemissionen verbunden.

Zu anderen Schlussfolgerungen kommt eine Stellungnahme der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech), die die Potenziale biologischer bzw. biotechnischer Verfahren höher gewichtet. Ein besonderes Potenzial sieht die Stellungnahme in der Nutzung von biologischen Roh- und Reststoffen bzw. von Pflanzen, die nicht für die Nahrungsmittelproduktion vorgesehen sind. Gerade über diese Verfahren der zweiten Generation ließe sich die Flächenkonkurrenz beim Anbau von Nahrungsmitteln entschärfen.

Im Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ) in Straubing beschäftigt man sich mit der Optimierung von Energiepflanzen. Als entscheidend wird die Steigerung der Flächeneffizienz gesehen: Durch die Integration mehrerer Nutzungsansprüche auf einer Fläche könne eine sinnvolle Mehrnutzung pro Flächeneinheit erreicht werden. So entstehen bei der Verarbeitung von Rapskörnern zwei Drittel Eiweißfutter und ein Drittel Pflanzenöl, das unter anderem als Biokraftstoff genutzt werden kann.

Züchtung optimierter Energiepflanzen

Die Kontroverse macht den Forschungsbedarf deutlich: Über Jahrtausende sind Pflanzen vor allem auf ihre Eigenschaften als Nahrungs- und Faser- bzw. Textillieferanten hin gezüchtet worden; Futtermittelpflanzen dienten dabei aber auch zu Zwecken der Mobilität (Zugtiere). Inzwischen arbeitet die Pflanzenforschung auch an der Entwicklung von neuartigen Pflanzen mit optimierten Energieeigenschaften: Eine besondere Herausforderung ist die Nutzung von bisher nicht verwertbaren Pflanzteilen mit hohem Lignozellulose-Anteil. Daher wird an der energetischen Nutzung lignozellulose-haltiger Pflanzen und an der Züchtung von Bäumen mit einem reduzierten Holz- bzw. Ligninanteil geforscht. Gegenstand der Forschung ist beispielsweise die Entwicklung neuer Verfahren und Konzepte zur mikrobiellen Herstellung von Biokraftstoffen aus Lignozellulose.

Auf der Suche nach optimierten Energiepflanzen können verschiedene Züchtungsverfahren zum Einsatz kommen: Die Hybridzüchtung (etwa bei schnellwachsenden Bäumen wie der Pappel) wie auch biotechnologische Verfahren (etwa zur Steigerung der Stresstoleranz oder der Schädlingsresistenz). Insbesondere die USA und China untersuchen auch die Einsatzmöglichkeiten der Gentechnik für optimierte Energiepflanzen. Biotechnologische Verfahren werden in der Forschung und Entwicklung bei unterschiedlichen Pflanzen eingesetzt: So wird beispielsweise an der Entwicklung von Mais, der Alpha-Amylase enthält (wird zur Umwandlung von Maisstärke in Zucker benötigt), oder von Eukalyptus mit einem verringerten Ligningehalt geforscht.

Herausforderung „Energiewende“

Die weitere Entwicklung der Nutzung von Energiepflanzen in Deutschland ist eng verknüpft mit der angestrebten „Energiewende“. Mit diesem „Großprojekt“, eine nachhaltige Energieversorgung zu realisieren, sind gegenwärtig zahlreiche Hoffnungen verbunden, die über technische Fragen der Machbarkeit längst hinausgehen. Diskutiert wird die Änderung des konsumorientierten Lebensstils (Suffizienz) ebenso wie eine neue Wertschätzung des ländlichen Raums als Ort dezentraler Energiegewinnung. Konsens besteht darüber, dass eine sichere und nachhaltige Energieversorgung der Zukunft nur über einen „Energiemix“ aus verschiedenen Ansätzen und Verfahren möglich sein wird.

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