Züchtung von Bioenergie-Pflanzen: Ziele, Ansätze, Verfahren

Die Pflanzenzüchtung verfolgt verschiedene Ziele im Zusammenhang mit der Nutzung von Pflanzen für die Bioenergieerzeugung. Dabei geht es um eine verbesserte Effizienz, also eine höhere Energieausbeute pro Flächeneinheit, aber auch um eine nachhaltige, vielfältige Landwirtschaft. Der Anbau von Energiepflanzen soll sich in abwechslungsreiche Fruchtfolgen einfügen und die Artenvielfalt in den Agro-Ökosystemen nicht weiter verringern.

Hybridroggen

Roggen. Anpassung einer heimischen Kulturart an die Nutzung als Energiepflanze

Foto: Hybridroggen für Biogas- und Bioethanolerzeugung (KWS)

Zum Beispiel: Roggen
Roggen ist eine geeignete Bioenergiepflanze: Er ist kälteverträglich, wenig anfällig gegen Krankheiten und liefert auch auf ungünstigen Standorten stabile Erträge. Als Wintergetreide passt er gut in verschiedene Fruchtfolgen. Die Effizienz der Bioenergiegewinnung aus Roggen kann durch Züchtung deutlich verbessert werden, etwa durch größere Pflanzen, höhere Bestandsdichten oder eine Steigerung des Gesamttrockenmasseertrags (GTM), der für die Biogasausbeute entscheidend ist.
Züchtungsziele: Mehr Biomasse, mehr Effizienz bei der Biogaserzeugung
Verfahren: Hybridzüchtung

Körnermais und Energiemais

Energiemais produziert mehr Biomasse als andere Maissorten.

Foto: Körnermais (links) und Energiemais (rechts) im Größenvergleich (KWS)

Energiemais-Wachstumsverlauf

Spätere Blüte, mehr Wachstum. Biomassebildung im Verlauf einer Vegetationsperiode bei Energiemais (EM) und Silomais (SM)

Abbildung: KWS

Zum Beispiel: Mais
Mais produziert in einer relativ kurzen Vegetationsperiode viel Biomasse. Inzwischen arbeiten die Züchter an besonderen Energiemaissorten, die noch einmal mehr Biomasse bilden. Eine mögliche Strategie dabei ist es, den Blühzeitpunkt zu verschieben: Wenn eine Pflanze zu blühen beginnt, wird das vegetative Wachstum praktisch eingestellt. Der Blühzeitpunkt wird bei vielen Pflanzen von der Tageslänge beeinflusst: Sogenannte Langtagspflanzen blühen im Sommer, wenn die Tage lang sind, Kurztagspflanzen blühen im Frühjahr oder Herbst, wenn die Tage kurz sind. Die „kritische Tageslänge“ ist für jede Art eine andere. Tagneutrale Pflanzen dagegen blühen, wenn sie einen bestimmten vegetativen Entwicklungsstand erreicht haben, unabhängig von der Tageslänge. Alle diese Eigenschaften sind genetisch festgelegt.
Mais ist ursprünglich eine Kurztagspflanze. In den modernen Hochleistungssorten, die in Mitteleuropa angebaut werden, ist diese Eigenschaft aber nur noch in abgeschwächtem Maße vorhanden. Bei der Züchtung von Energiemais wurden mittels Smart breeding Maissorten aus Südamerika eingekreuzt, bei denen die Kurztagsreaktion deutlich stärker ausgeprägt ist. Der Energiemais blüht deshalb erst im Herbst, wenn die Tage kurz sind. So lange wächst er und erreicht eine Höhe von bis zu fünf Metern. Da Mais eigentlich eine Wärme liebende Pflanze ist und in diesem Fall erst spät im Jahr geerntet wird, musste der Energiemais gleichzeitig auf Kältetoleranz gezüchtet werden.
Züchtungsziele: Biomasse, Kältetoleranz, Standfestigkeit
Verfahren: konventionelle Züchtung, Smart Breeding

Energierübe

Energierüben. Mehr Biomasse durch winterharte Rüben

Foto: KWS

Zum Beispiel: Zuckerrüben
Die Zuckerrübe ist neben Mais die Pflanze mit den höchsten Biomasseerträgen. Diese könnte gesteigert werden, wenn es gelänge, die Rüben besser an tiefere Temperaturen anzupassen und sie winterhart zu machen. Solche Rüben könnten dann - wie heute schon Weizen, Roggen, Gerste oder Raps - im Spätherbst ausgesät werden, um eine längere Vegetationsperiode für die Biomasseproduktion zu nutzen. An der Entwicklung winterharter Rüben wird derzeit gearbeitet.
Züchtungsziele: Biomasse, Winterhärte, Verbesserung der Rübeneigenschaften für die Vergärung in der Biogasanlage.
Verfahren: Konventionelle Züchtung, Smart Breeding, Gentechnik

Hirse, Anbauversuche TGZ Straubing

Hirse. Anbauversuche mit verschiedenen Hirselinien am Technologie- und Förderzentrum Straubing. Foto: i-bio

Zum Beispiel: Hirse (Sorghum)
Hirse hat als C4-Pflanze ähnlich wie Mais, Zuckerrohr oder Miscanthus (Chinaschilf) ein hohes Biomassepotenzial: Es wird viel Biomasse in kurzer Zeit gebildet. Geeignete Sorten können Wuchshöhen bis zu fünf Metern erreichen. Das aus Afrika stammende Süßgras benötigt vergleichsweise wenig Wasser und kann Trockenperioden ohne Ertragseinbußen überstehen. Um Hirse auch in Mitteleuropa anbauen zu können, müssen kältetolerante Sorten gezüchtet werden, die auch kühlere Temperaturen überstehen. Hirse wird als Hauptfrucht genutzt (Aussaat Ende Mai), eignet sich vor allem aber als Zweitfrucht etwa nach Winterroggen (Aussaat Hirse Ende Juni). Sie fügt sich gut in Fruchtfolgen ein. Hirse kann wie Mais in Biogasanlagen eingesetzt werden, allerdings erreicht ihr Energieertrag noch nicht ganz den von Mais.
Züchtungsziele: Steigerung der Biomasse, Kältetoleranz, Toleranz gegen Pflanzenkrankheiten, Optimierung der stofflichen Zusammensetzung
Verfahren: Konventionelle Züchung, Smart Breeding

Durchwachsende Silphie, Blüte, Biene

Durchwachsene Silphie. Bisher gleicht sie eher einer Wildpflanze. Sorten mit unterscheidbaren Eigenschaften gibt es bisher nicht.

Foto: i-bio

Zum Beispiel: Durchwachsene Silphie
Diese mehrjährige Pflanze stammt ursprünglich aus Nordamerika. Sie stellt keine besonderen Ansprüche an Klima und Boden, ist trockentolerant und übersteht auch kalte Winter. Mit ihrer langen Blühzeit bis in den September ist sie attraktiv für Bienen und andere Insekten. Im ersten Jahr nach der Aussaat entwickelt sich die Pflanze nur langsam und die Erträge sind gering. Im zweiten Jahr wächst die Durchwachsene Silphie bis zu 3m hoch und blüht und kann dann 10 bis 15 Jahre geerntet werden. Die Pflanzen lassen sich gut in Biogasanlagen verwerten. Allerdings war die Anlage eines Feldes anfangs sehr teuer und aufwändig, da eine Direktsaat nicht möglich war. Stattdessen mussten Setzlinge gepflanzt werden. Erste Züchtungserfolge haben es ermöglicht, dass die Durchwachsene Silphie nun auch direkt ausgesäht werden kann. Die Silphie wird erst seit jüngster Zeit züchterisch bearbeitet. Daher gibt es bisher noch keine Sorten mit unterscheidbaren Eigenschaften.
Züchtungsziel: Optimierung als nachwachsender Rohstoff Verfahren: Konventionelle Züchtung

Sidamalve, TFZ

Sidamalve Anbauversuche am Technologie- und Förderzentrum Straubing.

Foto: i-bio

Zum Beispiel: Sidamalve (Sida hermaphrodita L.)
Auch die Sidamalve ist eine mehrjährige Pflanze und stammt ursprünglich aus Nordamerika. Im ersten Jahr bringt sie kaum Erträge, danach kann sie 15 bis 25 Jahre genutzt werden. Die bis vier Meter hohen Pflanzen sind frostbeständig und stellen geringe Ansprüche an die Bodenqualität. Sie können als Festbrennstoff, aber auch als Rohstoff für Biogas- und Biokraftstoff verwertet werden. Bisher ist die Sidamalve züchterisch kaum bearbeitet worden.
Züchtungsziel: Anpassung an landwirtschaftliche Bedingungen in Mitteleuropa, Steigerung der Biomasse
Verfahren: Konventionelle Züchtung

Zuckerrohr

Zuckerrohr. Höherer Zuckeranteil, mehr Biotreibstoff

Foto: CTC, Brasilien

Zum Beispiel: Zuckerrohr
Brasilien hat ein großes Forschungsprogramm begonnen mit dem Ziel, den Zuckergehalt in Zuckerrohr um 30 bis 40 Prozent zu steigern. Dabei arbeiten staatliche Forschungseinrichtungen und internationale Unternehmen zusammen. In Brasilien wird schon heute ein großer Teil der Treibstoffe (Bioethanol) aus Zuckerrohr gewonnen. Die Regierung strebt an, die Wirtschaftlichkeit weiter zu verbessern und so auf den Weltmärkten mit Treibstoffen aus fossilen Rohstoffen konkurrieren zu können.
Züchtungsziel: Erhöhung des Zuckeranteils
Verfahren: Gentechnik

Pappel-Plantage

Pappel-Plantage. Das in verholzten Pflanzenteilen enthaltene Lignin kann nicht zu Energieträgern wie Bioethanol und Biomethan umgewandelt werden.

Foto: FNR (Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe)

Zum Beispiel: Holz und holzige Pflanzenteile
Holz ist bisher nur durch direktes Verbrennen als Bioenergieträger nutzbar. Derzeit wird intensiv an Verfahren geforscht, mit denen man Bioethanol, Biomethan und andere Kohlenwasserstoffe aus Holz gewinnen kann (BtL, Biomass to Liquid). Dies ist jedoch technisch anspruchsvoll und bislang sehr teuer.
Lignine, die das Stützgewebe der Pflanzen bilden und bei Holz etwa 20 bis 30 Prozent der Gesamtmasse ausmachen, liefern zwar bei der direkten Verbrennung viel Energie. Sie lassen sich jedoch nicht zu Bioethanol oder Kohlenwasserstoffen umwandeln, zum Teil stören sie diese Prozesse sogar.
Pflanzenzüchter versuchen deshalb, den Ligningehalt in Pflanzen zu senken. In den USA haben Wissenschaftler Arabidopsis-Pflanzen gentechnisch so verändert, dass ihre Zellwände deutlich weniger Lignin und mehr Stärke enthalten. Noch ist es Grundlagenforschung, aber würde dies auch bei Mais oder Getreide gelingen, wäre es möglich, die ganze Pflanze und nicht mehr nur die Kolben bzw. Körner für die Produktion von Bioethanol zu nutzen.
Auch bei schnell wachsenden Bäumen wie Pappeln oder Eukalyptus könnte eine Verringerung des Ligningehaltes oder eine Veränderung der Lignin-Eigenschaften die Effizienz bei der Bioenergiegewinnung verbessern.
Züchtungsziel: Verringerung des Ligningehalts
Verfahren: Gentechnik

Mais für Bioethanolanlage

Mais mit hitzestabiler Amylase wird in den USA für die Erzeugung von Bioethanol eingesetzt.

Foto: iStockphoto

Zum Beispiel: Mais mit hitzestabiler Amylase
In den USA ist gentechnisch veränderter Mais für die Bioethanol-Herstellung entwickelt worden. Als Folge eines neu eingeführten Gens, das aus an Hitze angepassten Bakterien stammt, produziert dieser Mais eine spezielle Amylase (stärkeabbauendes Enzym), die auch unter den höheren Temperaturen während des Vergärungsprozesses die Maisstärke in kleinere Einheiten abbaut. Solche Amylasen müssten sonst biotechnisch hergestellt und dem Prozess zugesetzt werden. Durch die im Mais selbst gebildete hitzestabile Amylase wird nicht nur die Effizienz der Bioethanolherstellung gesteigert, sondern auch weniger Wasser und Energie benötigt. Der gv-Mais (Markenname: Enogen, Syngenta) ist in USA und Kanada zugelassen. Im Jahr 2016 wurde er in den USA auf etwa 160.000 Hektar angebaut und in eigenen Bioethanol-Anlagen verarbeitet. Züchtungsziel: Prozessoptimierung Bioethanolherstellung Verfahren: Gentechnik

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