überschwemmungstoleranter Reis

Reispflanzen – Länger überleben unter Wasser

Für die Hälfte der Weltbevölkerung ist Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel. Der größte Teil der weltweit produzierten Reismenge wird in Asien geerntet und konsumiert. In Teilen Asiens kommt es durch Überschwemmungen regelmäßig zu großen Ernteverlusten - ein Problem, das sich im Zuge des Klimawandels noch verschärfen könnte. Am Internationalen Reisforschungsinstitut ist es gelungen, Reissorten zu züchten, die längere Überschwemmungen überstehen.

Reis-Nassanbau auf Java

Reis überwiegend im Nassanbau. Während der Wachstums- und Reifezeit werden die Felder unter Wasser gesetzt, vor allem um Unkräuter zu unterdrücken. Längere Überschwemmungen oder höherere Wasserstände überstehen Reispflanzen jedoch nicht. Ohne ausreichende Versorgung mit Sonnenlicht und Kohlendioxid gehen sie nach drei bis vier Tagen ein. Im Nassanbau sind die Erträge deutlich höher als bei anderen Verfahren. Je nach Region und Sorten sind dabei bis zu drei Ernten im Jahr möglich.

Überschwemmte Reisfelder in Thailand

Durch Überschwemmungen sind in Südostasien die Erträge von mehr als 22 Millionen Hektar Reisfelder gefährdet. Davon sind 140 Millionen Menschen betroffen, überwiegend mit geringem Einkommen. Foto: Überschwemmte Reisfelder in Nord-Thailand.

Fotos: Gunawan Kartapranata, Wikimedia Commons (oben), Ronald Laboratories (unten)

Verbreitung von Swarna-Sub1-Reis in Indien

In nur wenigen Jahren hat sich die Nutzung von Sub1-Reis in Indien rasant ausgeweitet. Der Reis wurde auf Basis einer in Indien beliebten, viel genutzten Sorte (Swarna) entwickelt.

Grafik: i-bio

Titelfoto: Gene Hettel/IRRI

Reis ist eine der weltweit wichtigsten Getreidearten. Wie alle Getreide gehört er zur Familie der Süßgräser. Sämtliche heute angebauten Reissorten gehen auf eine Art zurück, die vor 13.000 bis 8000 Jahren in China domestiziert wurde. Noch heute werden etwa neunzig Prozent der weltweit produzierten Reismenge in Asien geerntet und konsumiert.

In Südostasien und auf dem indischen Subkontinent kommt es durch den Monsun jedes Jahr zu starken Regenfällen und als Folge immer wieder zu Überschwemmungen. Im Zuge des Klimawandels könnten die Regenmengen weiter zunehmen. Schon immer haben diese Überschwemmungen große Schäden in der Landwirtschaft verursacht: Wenn Pflanzen zu lange unter Wasser stehen, können sie kein Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen und keine Photosynthese betreiben und gehen ein. In Indien und Bangladesch gehen dadurch jedes Jahr bis zu vier Millionen Tonnen Reis verloren. Damit könnten dreißig Millionen Menschen ein Jahr lang ernährt werden.

1978 wurde am Internationalen Reisforschungsinstitut (IRRI) auf den Philippinen entdeckt, dass eine traditionelle Landsorte aus Ostindien nach zweiwöchiger Überflutung noch in der Lage war, sich zu erholen und weiterzuwachsen. Doch es gelang nicht, diese Eigenschaft durch Kreuzen auf moderne Reissorten zu übertragen, ohne gleichzeitig erwünschte Eigenschaften wie Kornqualität und Geschmack nachteilig zu verändern. Mit den damaligen Möglichkeiten war die Züchtung überschwemmungstoleranter Reissorten zunächst gescheitert.

Das änderte sich, als verstärkt neue Methoden wie Genomforschung oder Smart Breeding Eingang in die Pflanzenzüchtung fanden. Mitte der 1990er Jahre begannen die Pflanzengenetikerin Pamela Ronald und ihre Arbeitsgruppe an der Universität von Kalifornien (Davis) molekularbiologisch zu erforschen, wie verschiedene Reispflanzen auf Überschwemmungen reagieren. Nach aufwändigen Versuchsreihen gelang es, diejenigen Abschnitte im Reisgenom zu lokalisieren, die für die Überflutungstoleranz der indischen Landsorte „verantwortlich“ sind. Die Wissenschaftler konnten zudem einen molekularen Marker (Sub1, Submergence tolerance) identifizieren, der für das erwünschte Merkmal einer besseren Überschwemmungstoleranz charakteristisch ist. An der Ausprägung dieser Eigenschaft selbst sind mehrere, auf komplexe Weise zusammenwirkende Gene und Regulationseinheiten beteilgt.

Nun, als der molekulare Marker für die Überschwemmungstoleranz gefunden war, wurde es möglich, bei der Züchtung gezielter vorzugehen als beim ersten Anlauf zwanzig Jahre zuvor: Direkt nach der Befruchtung kann auf DNA-Ebene bei einer großen Zahl von Nachkommen überprüft werden, ob der Sub1-Marker und damit auch eine bessere Überschwemmungstoleranz vorhanden ist, ohne die erwünschten Eigenschaften moderner Sorten verloren zu haben. Solche inzwischen verbreitete Methoden werden auch als Präzisionszüchtung oder Smart Breeding bezeichnet.

Das Internationale Reisforschungsinstitut entwickelte insgesamt sieben Hochleistungssorten, die Überflutungen von bis zu zwei Wochen, also doppelt so lange wie andere Sorten, überstehen können. Diese wurden 2007 in neun asiatischen Ländern zur Probe angebaut. Zwei Jahre später wurde die erste überflutungstolerante Reissorte in Indien, Bangladesh, Indonesien und auf den Philippinen angebaut. In insgesamt zehn asiatischen Ländern werden in Zusammenarbeit mit nationalen Agrarforschungseinrichtungen weitere Sorten getestet und Saatgut vermehrt. 2012 haben allein in Indien bereits mehr als drei Millionen Landwirte Sub1-Reissorten angepflanzt.

Sub1-Sorten werden wie alle anderen Reissorten vertrieben. Die Bauern können sie wie gewohnt anbauen, ernten und einen Teil davon im nächsten Jahr erneut aussäen.

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