Das heutige Bild der Landwirtschaft – Welchen Einfluss haben Bilder der Landwirtschaft auf heutige Debatten?

Die Landwirtschaft in Deutschland war in den letzten Jahrzehnten einem ständigen Wandel unterworfen. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft, wie es sie nach dem Zweiten Weltkrieg teilweise noch gab, konnte dem ländlichen Strukturwandel in den 1950er und den 1960er Jahren sowie den Anforderungen einer globalisierten Weltwirtschaft nicht gerecht werden. Dennoch bestimmt sie nach wie vor unser Bild der Landwirtschaft und ist in aktuellen politischen Debatten von großer Bedeutung.

Unsere Vorstellungen von einer bäuerlichen oder industrialisierten Landwirtschaft bestimmen bis heute wirkmächtig viele politische Debatten. Hierbei vermischen sich oft idealtypische Bilder einer bäuerlichen Landwirtschaft mit dem Wunsch nach Ursprünglichkeit und Natürlichkeit. Auch wenn eine kleinbäuerliche Landwirtschaft heute in Deutschland kaum noch von Bedeutung ist und insbesonders in Folge der Flurbereinigungen der vergangenen Jahrzehnte verschwunden ist, so bestimmt sie nach wie vor die Vorstellungen einer nachhaltigen bzw. ökologisch verträglichen Landwirtschaft.

Der Wandel des Bildes der Landwirtschaft

Die traditionelle, eher kleinbäuerliche Landwirtschaft ist in vielen Teilen der Welt – vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika – noch immer von großer Bedeutung für die Ernährung der Bevölkerung. In Deutschland hingegen ist die kleinbäuerliche Landwirtschaft nur noch von untergeordneter Relevanz: Die Zahl der kleinen und mittleren Familienbetriebe hat seit der Nachkriegszeit in Deutschland stark abgenommen. Dies ist vor allem eine Folge des Anpassungsprozesses an die geographischen, historischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten der letzten 60 Jahre, in denen sich die heimische Landwirtschaft zunächst in einen wachsenden europäischen und später in einen weltweiten Markt einpassen musste. Das Bild der bäuerlichen Kleinbetriebe, soweit es diese nach dem Krieg noch gab, ist daher meist aus dem Landschaftsbild verschwunden.

Im Jahre 2010 bewirtschaftete ein deutscher Betrieb im Durchschnitt 56 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche. Dies ist erheblich weniger als beispielsweise in den USA, wo die durchschnittliche Betriebsgröße bei etwa 178 Hektar liegt und somit Großbetriebe vorherrschen. Innerhalb Deutschlands zeigen sich in der Betriebsgröße teilweise erhebliche Unterschiede. Große Betriebe finden wir vor allem in Ostdeutschland. In Bayern wird das Landschaftsbild bis heute vor allem durch kleine Höfe geprägt, die seit Generationen in Familienbesitz sind. So hat Bayern mit 4,6 Prozent von allen Bundesländern den geringsten Anteil an Landwirtschaftsbetrieben, die nicht in der Hand von Familienbetrieben sind. Aufgrund der teilweise extensiven Bewirtschaftung spielt die bäuerliche Landwirtschaft gerade für den Natur- und Heimatschutz in Bayern eine große Rolle.

Die Rolle des Bildes der Landwirtschaft in heutigen Debatten

Unabhängig von den Veränderungsprozessen der letzten Jahrzehnte ist das Bild einer kleinbäuerlichen, eher extensiven Landwirtschaft nach wie vor eine wirkmächtige, positiv besetzte Vorstellung in den Köpfen vieler Menschen. Eine derartige Landschaft gilt als natürlich. Die moderne Biotechnologie passt für viele Menschen nicht in dieses Bild einer ursprünglichen, bäuerlichen Landwirtschaft. In der Debatte um den Einsatz der Gentechnik wird gleichzeitig aber diskutiert, ob die Biotechnologie nicht als Teil einer ertragsstarken Landwirtschaft notwendig sei, um verbliebene unberührte Naturlandschaften zu schützen.

Viele Kritiker bezweifeln, dass Biotechnologie und eine zunehmende Technisierung zu einer ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft passen (vgl. Nachhaltigkeit). Hier treffen also unterschiedliche Vorstellungen dessen aufeinander, was eine natürliche Landwirtschaft ausmacht und welche Ziele die landwirtschaftliche Nutzung im Hinblick auf den Landschaftsschutz verfolgen soll. Zieht man eine unter ökologischen Gesichtspunkten erforderliche Produktivitätssteigerung landwirtschaftlicher Flächen in Betracht, kann keine Rede davon sein, dass die extensive Landwirtschaft der intensiven Nutzung einfach vorzuziehen ist.

Drucken Versenden