Mögliche Umweltfolgen gentechnisch veränderter Pflanzen

In der Auseinandersetzung um die Grüne Gentechnik spielen mögliche Auswirkungen auf die Umwelt eine zentrale Rolle. So wird befürchtet, dass gentechnisch veränderte Pflanzen sich in der Umwelt ausbreiten könnten, wenn sie ihr Erbmaterial und damit auch die neue Eigenschaft an wilde Verwandte weitergeben – mit Folgen für Artenvielfalt und Ökosysteme. Und könnten nicht gentechnisch veränderte Bt-Pflanzen, die einen insektiziden Wirkstoff gegen ihre Fraßfeinde bilden, auch andere Lebewesen, die damit in Berührung kommen, schädigen? Eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen hat sich mit den möglichen Umweltfolgen der Grünen Gentechnik befasst.

ausgewilderter Raps am Straßenrand

Raps hat ein hohes Ausbreitungspotenzial: Bei der Rapsernte fallen sehr viele Samen aus, werden verschleppt und können lange im Boden überdauern. Raps hat auch viele wilde und Kulturverwandte, mit denen er sich kreuzen kann.

Foto: Barbara Elling, Universität Osnabrück/biosicherheit.de

Marienkäfer auf einem Maisblatt

Gentechnisch veränderte Bt-Pflanzen bilden ein insektizides Protein (Bt-Protein), das gegen ihre Fraßfeinde gerichtet ist. Andere Organismen sollen dadurch nicht geschädigt werden.

Foto: i-bio

Sicherheitsforschung: Entleeren einer Bodenfalle

In zahlreichen Studien der Sicherheitsforschung wurden mögliche Auswirkungen von Bt-Mais auf so genannte Nicht-Zielorganismen untersucht. In Freilandversuchen wurde beispielsweise das Vorkommen und die Artenvielfalt verschiedener Organismen in Bt-Mais im Vergleich mit konventionellem Mais erfasst. Hier wird eine Bodenfalle geleert.

Foto: i-bio

Maiswurzelbohrer an einer männlichen Maisblüte

Maiswurzelbohrer an einer männlichen Maisblüte. In den USA sind erste gegen Bt-mais resistente Exemplare dieses Maisschädlings aufgetaucht. Ursache hierfür ist u.a. ein ungenügendes Resistenzmanagement.

Foto: Mihaly Czepko/biosicherheit.de

Verwilderung und Auskreuzung

Gentechnisch veränderte (gv-)Pflanzen können – wie konventionell gezüchtete Kulturpflanzen auch – verwildern oder sich mit verwandten Wildarten kreuzen. Die Befürchtung ist, dass es dadurch zu einer Verbreitung der Transgene mit unkontrollierbaren Auswirkungen auf Ökosysteme, etwa der Verdrängung von Wildpopulationen oder der Entstehung neuer Unkräuter, kommen könnte.

Ein Ausbreitungsrisiko lässt sich nicht verallgemeinern, für jede einzelne gentechnisch veränderte Pflanze muss überprüft werden, ob im Anbaugebiet potenzielle Auskreuzungspartner zur Verfügung stehen und ob die neue Eigenschaft der Pflanze einen Vorteil gegenüber anderen Pflanzen verschaffen könnte. Auch die Biologie der Pflanze spielt im Hinblick auf ihr Ausbreitungspotenzial eine wichtige Rolle. So ist beispielsweise bei Mais oder Raps, deren Pollen durch Wind bzw. Insekten verbreitet werden, eine Auskreuzung eher möglich als bei selbst-bestäubenden Pflanzen wie Weizen oder Kartoffeln.

Die Verwilderung von Nutzpflanzen ist in den meisten Fällen sehr unwahrscheinlich, da diese Pflanzen außerhalb von Ackerflächen nicht überlebensfähig sind. Mais und Kartoffeln beispielsweise sind auf menschliche Pflege angewiesen. Für die meisten derzeit angebauten gentechnisch veränderten Kulturpflanzen gibt es in Nordamerika und Europa auch keine verwandten Wildarten, mit denen sie auskreuzen könnten. Eine Ausnahme mit hohem Ausbreitungspotenzial ist Raps, der an vielen Standorten außerhalb von Ackerflächen wächst und dessen Samen lange im Boden überdauern können. Raps hat in Europa auch viele Wildarten (etwa Brauner Senf) und verwilderte Kultursorten (etwa Rübsen) als mögliche Kreuzungspartner. Feldversuche haben allerdings gezeigt, dass Kreuzungen von Raps mit wilden Verwandten selten stattfinden und hauptsächlich sterile Nachkommen hervorbringen.

In Mexiko, der Herkunftsregion von Mais, kann es zur Kreuzung moderner Maissorten mit alten Landsorten und wilden Verwandten kommen. 2001 und 2009 wurden dort transgene DNA-Sequenzen, die nur aus Maissorten der Firma Monsanto stammen konnten, in alten Landsorten nachgewiesen. Es gibt aber bislang keine Berichte, dass die Landsorten in ihrem Bestand gefährdet sind oder dass andere ökologische Veränderungen stattgefunden haben.

Generell kann sich eine Auswilderung oder Auskreuzung erst dann auf ein Ökosystem auswirken, wenn die betreffenden Pflanzen andere Arten verdrängen. Das setzt aber voraus, dass das neue Gen ihnen einen Vorteil verschafft. Bisher ist über derartige Fälle noch nicht berichtet worden. Es ist aber theoretisch denkbar, dass etwa gv-Pflanzen, die Trockenheit besser vertragen, in Dürrezeiten einen Überlebensvorteil haben. Pflanzen, die gegen Unkrautbekämpfungsmittel unempfindlich sind, haben außerhalb des Ackers hingegen keinen Vorteil gegenüber anderen Pflanzen, da diese Mittel dort nicht ausgebracht werden. Das Auftreten herbizidresistenter Unkräuter im Zusammenhang mit gentechnisch veränderten Nutzpflanzen hat andere Ursachen, die weiter unten beschrieben werden.

Nichtzieleffekte und Artenvielfalt

Weitere mögliche Auswirkungen auf die Umwelt ergeben sich vor allem durch die Wirkung der insektiziden Stoffe, die insektenresistenteBt-Pflanzen produzieren. Wenn insektizide Wirkstoffe nicht nur auf den zu bekämpfenden Schädling, sondern auch auf andere Lebewesen wirken, spricht man von Nichtzieleffekten. Es hat zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zu Nichtzieleffekten beim Anbau insektenresistenter Pflanzen gegeben; unter Freilandbedingungen wurde aber bisher kein Einfluss von Bt-Pflanzen auf andere Lebewesen nachgewiesen, der über natürliche Schwankungen hinausgeht.

Neben direkten Nichtzieleffekten ist es auch möglich, dass durch den Wegfall eines Schädlings oder eines Unkrauts die Anzahl der Organismen, die sich davon ernähren, ebenfalls abnimmt und sich die Artenzusammensetzung des Ökosystems verschiebt. Verschiedene Studien haben aber gezeigt, dass der Anbau von insektenresistentem Bt-Mais die Artenvielfalt weniger beeinträchtigt als der konventionelle Maisanbau mit Insektiziden.

Anders ist die Situation beim Anbau herbizidresistenter Pflanzen, einem Konzept zur Unkrautbekämpfung, das es erlaubt, ein Totalherbizid auszubringen, ohne dass die Nutzpflanze geschädigt wird. Die Bekämpfung von Unkräutern steht immer im Widerspruch zur Förderung der Artenvielfalt. Es ist aber möglich, die Dosis des Totalherbizids und den Zeitpunkt des Ausbringens so zu wählen, dass nicht alle Unkräuter verschwinden und die Biodiversität des Agrarökosystems wenig beeinträchtigt wird.

Indirekte Umweltfolgen

In Nord- und Südamerika hat der Anbau gentechnisch veränderter herbizidtoleranter Nutzpflanzen dazu geführt, dass ein großer Teil der landwirtschaftlichen Flächen kaum oder gar nicht mehr umgepflügt wird, um Unkräuter zu bekämpfen; stattdessen werden die Unkräuter nur noch mit Herbiziden bekämpft. Auch wenn die jeweiligen Berechnungsgrundlagen sehr unterschiedlich und nicht immer vergleichbar sind, kommen die meisten Studien zu dem Schluss, dass der Herbizideinsatz sich durch den Anbau herbizidtoleranter Pflanzen erhöht hat. Andererseits gibt es eine Reihe wissenschaftlicher Studien, die besagen, dass der reduzierte Pfluggebrauch die Bodenerosion verringert, dass mehr Kohlenstoff im Boden gebunden bleibt und die CO2-Emissionen geringer ausfallen.

Der Anbau insektenresistenter Bt-Pflanzen hat zu einer Abnahme des Einsatzes von Insektiziden geführt, da der insektizide Wirkstoff von den Pflanzen selbst gebildet wird und in der Regel kein Insektizid zusätzlich aufgebracht werden muss. Beim großflächigen Anbau von Bt-Pflanzen kann aber zum Problem werden, dass die Schädlinge Resistenzen gegenüber dem Bt-Wirkstoff entwickeln. In den USA sind in den letzten Jahren bereits resistente Exemplare des Maisschädlings Maiswurzelbohrer aufgetreten. Es breiten sich auch vermehrt Unkräuter aus, die gegen das Totalherbizid resistent sind, das beim Anbau gentechnisch veränderter herbizidresistenter Nutzpflanzen ausgebracht wird. Resistenzen können sich bei Tieren oder Pflanzen jederzeit durch spontane Mutationen entwickeln. Führt diese Mutation für einen Organismus zu einem Vorteil, breitet sich die entsprechende Eigenschaft in einer Population aus. Resistenzbildungen treten meistens dann auf, wenn die Schädlings- oder Unkrautbekämpfung sich einseitig auf den Einsatz insektizider bzw. herbizider Wirkstoffe stützt und alternative Maßnahmen wie etwa Fruchtfolgen vernachlässigt werden. Das ist auch beim Anbau gentechnisch veränderter Nutzpflanzen vielfach geschehen. Grundsätzlich sind solche Prozesse aber keine Besonderheit von gentechnisch veränderten Pflanzen, sondern in der konventionellen Landwirtschaft seit langem bekannt.

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