Grundlagenforschung „ForPlanta“ in Bayern – Wissenschaftliche Innovationsprozesse im sozialen Kontext (Bernhard Gill)

Naturwissenschaftliche Forschungsprojekte wie zu stresstoleranten Pflanzen im Rahmen des Forschungsverbundes ForPlanta stoßen unterschiedliche technische wie wissenschaftliche Innovationsprozesse an, die auch soziale Fragen aufwerfen. Mit diesen sozialen Fragen befasst sich im Rahmen von ForPlanta eine Arbeitsgruppe von Benhard Gill an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Hierbei geht es zentral um den sozialen Kontext der Entwicklung von Wissen, den Perspektiven zur Nutzung dieses Wissens und gesellschaftlich bedeutsamen Landwirtschaftsidealen, die in der agrarwirtschaftlichen Praxis – also bei der Nutzung des in der Forschung gewonnen Wissens – eine Rolle spielen.

Bernhard Gill

Bernhard Gill von der Ludwig-Maximilians-Universität München beschäftigt sich mit Wissensformen, Nutzungsperspektiven und Landschaftsidealen im Zusammenhang mit der Entwicklung stresstoleranter Pflanzen.

Kontakt:

Prof. Dr. Bernhard Gill
Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Soziologie
Konradstr. 6
D-80801 München
E-Mail

Was wird im Rahmen Ihres Forschungsprojektes bei ForPlanta untersucht?

In unserm Teilprojekt begleiteten wir die naturwissenschaftliche Forschungsarbeit und betrachten den Innovationsprozess in einem sozialen Kontext sowie vor dem Hintergrund einer möglichen späteren Anwendung. Wichtige Fragestellungen: Wie wird neues Wissen erzeugt? Welche ökonomischen oder politischen Nutzenerwartungen nehmen Einfluss auf diesen Prozess? Welche Akteure – Züchter, Bauern, globale Konzerne – gestalten diesen Prozess mit und welchen Einfluss haben sie? Wie wirkt der spezifische Anwendungskontext der landwirtschaftlichen Produktion auf den Innovationsprozess zurück?

Was sind die wichtigsten Zielsetzungen Ihrer Forschungsarbeit?

Neben der Untersuchung des Innovationsprozesses steht im Mittelpunkt unseres Projekts eine differenzierte Nutzenabschätzung und eine Analyse des Zusammenspiels der Life-Science-Industrien mit privaten Züchtungsbetrieben, öffentlichen Forschungseinrichtungen und landwirtschaftlichen Produktionsstätten. Darüber hinaus werden Fragen nach dem Wissenstransfer und den Anwendungsperspektiven der neuen Pflanzen untersucht: Welche ökonomischen Kosten- und Risikobarrieren entstehen, und unter welchen Bedingungen ließen sich tatsächlich höhere Flächenerträge und eine höhere Ertragssicherheit gewährleisten?

Worin sehen Sie die gesellschaftliche Bedeutung Ihrer Forschung?

Die Analyse des Zusammenhangs zwischen Grundlagenforschung, technologischer Innovation und der späteren Anwendung ist entscheidend, um diesen Prozess beeinflussen zu können. Durch ein grundlegenderes Verständnis von Innovationsprozessen kann es in Zukunft möglicherweise gelingen, demokratischere Formen der Steuerung von Forschung und Technologieentwicklung zu etablieren.

Welchen Bezug hat Ihre Forschung zu den aktuellen ethischen Herausforderungen in der Landwirtschaft, zu Fragen der Ernährung, zu Fragen des Wohlstands, etc.?

Die spezifischen Charakteristika und Anforderungen des landwirtschaftlichen Komplexes wurden in der sozialwissenschaftlichen Forschung lange Zeit zu wenig beachtet. Unsere Forschung soll dazu beitragen, die unterschiedlichen Logiken zum einen der industrialisierten Landwirtschaft (die vorwiegend in Gunstgebieten Anwendung findet), zum anderen der kleinbäuerlichen Landwirtschaft (die vor allem in Ungunstgebieten wie beispielsweise den alpinen Regionen fortbesteht) zu verstehen. Diese Analyse kann uns in einem weiteren Schritt helfen, die Potentialen für nachhaltige Formen der Landwirtschaft in beiden Typen der landwirtschaftlichen Produktion erkennen zu können.

Welchen Stellenwert hat die Pflanzenforschung für den Wissenschaftsstandort Bayern?

Die Bedeutung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft ist für die bayerische Kulturlandschaft und sowie für den Naturschutz in den alpinen Regionen entscheidend. Aber auch eine stärker industrialisierte Landwirtschaft ist in einigen Gebieten Bayerns vorzufinden. Eine kontinuierliche Entwicklung von ertragsstarkem und ökologisch vorteilhaftem Saatgut für beide Typen der landwirtschaftlichen Produktion ist eine große Herausforderung, aber zugleich eine weichenstellende Aufgabe für die Pflanzenforschung.

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